„Weinen hat seine Zeit und Lachen hat seine Zeit“

Vortrag von Dr. Susanne Konrad

>Am Samstag den 8. Juli um 12 Uhr: Vortrag von Dr. Susanne Konrad (Schriftstellerin und Buchautorin) überdas Buch „Weinen hat seine Zeit und Lachen hat seine Zeit“ von Max Kirschner


Wer war Max Kirschner?

Am 30. Juni 2005 entschied der Ortsbeirat 8, zu dem die Frankfurter Stadtteile
Heddernheim, Niederursel und Nordwestadt gehören, eine Straße nach Dr. Max
Kirschner zu benennen. Ein Jahr später wurde es konkret: Eine Verbindung der
Heddernheimer Landstraße mit der Ludwig-Reinheimer-Straße erhielt den Namen
„Max-Kirschner-Weg“. Seit 2018 veranstaltet die Deutsch-Bengalische Gesellschaft
unter Leitung von Hamidul Khan auf dem Bolzplatz am Max-Kirschner-Weg jährlich
ein Nachbarschaftsfest im Sommer, hier fand die Frankfurter
Immigrationsbuchmesse 2021 statt und 2022 gab es eine Gedenkveranstaltung für
die Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau und ein Vorweihnachtsfest unter
dem Motto „Miteinander – Füreinander.“

Wer aber war Max Kirschner? In welcher Tradition steht hier die Arbeit der
Deutsch-Bengalischen Gesellschaft und ihr Einsatz für ein friedliches
Miteinander der Kulturen? Kirschner war ein deutscher jüdischer Arzt, der 1886
aus München gebürtig war und bis 1919 in Bayern lebte. Aus beruflichen Gründen
zog er 1920 nach Heddernheim, wo er in die Praxis seines Kollegen Dr. Goldberg
mit einstieg. Mit seiner Frau Trude, die er 1916 geheiratet hatte, und seinen
beiden kleinen Kindern Eva und Fred baute er sich am Frankfurter Stadtrand eine
Existenz als Mediziner auf. Er engagierte sich in der jüdischen Gemeinde in
Heddernheim, das 1912 nach Frankfurt eingemeindet worden war, und wurde Parneß
(Gemeindevorsteher). In den zwanziger Jahren wurde Kirschner in seinen Rechten
als Arzt immer mehr beschnitten: „Eine ärztliche Funktion nach der anderen wurde
ihm von den Nazis annulliert, zum Schluss auch die Approbation“, schreibt der
Frankfurter Mediziner Bernd Hontschik in seinem Nachwort zu Max Kirschners
Lebenserinnerungen. Schließlich wurde Kirschner 1939 auf dem Weg zur Frankfurter
Festhalle mit anderen, „vorbei an hämischen Frankfurtern“, zum Transport in das
KZ Buchenwald zusammengetrieben. Er überlebte und wurde nach wenigen Tagen
entlassen, weil er als jüdischer Arzt benötigt wurde, um Juden zu behandeln, was
sogenannte „arische“ Ärzte nicht durften. Zusammen mit seiner Frau und den
herangewachsenen Kindern kämpfte Max Kirschner um die Auswanderung in die USA,
aber das war ein langwieriger Prozess. Zunächst mussten sie sich einige Monate
in England aufhalten, wo sich Max Kirschner um das Erlernen der englischen
Sprache bemühte. Erst 1940 erfolgte für die Familie auf dem Weg über
Großbritannien die Einreise in die USA. In Kalifornien nahm Max Kirschner noch
einmal ein Medizinstudium auf, bevor er auch dort als Arzt praktizierte. Nach
Deutschland ist er auch nach dem Krieg nicht mehr zurückgekehrt. Erst sein Sohn
Fred begegnete als alter Mann dem Frankfurter Arzt Bernd Hontschick, dem er die
unveröffentlichten Lebenserinnerungen seines Vaters anvertraute. Dieser sorgte
für die Veröffentlichung unter dem Titel „Weinen hat seine Zeit und Lachen hat
seine Zeit. Erinnerungen aus zwei Welten.“ Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag,
2004.